Energiewende als große Herausforderung
Mobilität ist ein elementarer Teil des täglichen Lebens, jedoch ist der Verkehrssektor einer der größten Verursacher von Treibhausgasen. Im Jahr 2019 war der Verkehr laut dem Umweltbundesamt für 164,00 Mio.t CO2-Äquivalente (CO2-Äq) oder 20% der Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich. Damit ist im Vergleich zur Energiewirtschaft oder der Industrie trotz der Entwicklung energieeffizienterer Fahrzeuge der CO2-Ausstoß seit 1990 sogar gestiegen. Zwar brachten die von Corona mit mehreren Lockdowns geprägten Jahre 2020 und 2021 einen Rückgang mit 146 bzw. 148 Mio.t CO2-Äq, die Ziele des Klimaschutzgesetzes wurden jedoch bei weitem verfehlt. Mit den von der Politik beschlossenen Maßnahmen können die Treibhausgasemissionen im Verkehr, betrachtet man den Projektionsbericht der Bundesregierung 2021 vom 13.10.2021, bis 2030 auf rund 126 Mio. t CO2-Äq. gesenkt werden. Das Ziel sollten jedoch 85.Mio.t CO2-Äq sein. Somit müssen in diesem Bereich die Schrauben noch deutlicher angezogen werden, um die festgelegten Emissionsziele für einen klimaneutralen Verkehr zu erreichen.
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Elektromobilität ist der Schlüssel
Insgesamt acht Bausteine wurden im Detail vorgestellt, für PKW und leichte Nutzfahrzeuge (LNF) gibt es jedoch hauptsächlich zwei Hebel. Neben der höheren Effizienz und damit einem geringeren Energieverbrauch und CO2-Ausstoß ist die Elektrifizierung der Antriebe die allumfassende Lösung. Rund 16 Mio. Elektro-PKW sowie Elektro-LNF müssten bis zum Ende des Jahrzehnts in Deutschland entsprechende Verbrennerfahrzeuge ersetzen, um die CO2-Standards einzuhalten. Die hiesige Autoindustrie befeuert die Transformation von Automobilen mit Diesel oder Benzin zu Fahrzeugen mit Batterie und Elektroantrieb. So gab der europäische Primus Volkswagen anlässlich seine eigens veranstalteten „Power Day“ bereits im vergangenen Jahr bekannt, dass bereits 2030 70% aller Neuwagen elektrisch betrieben werden sollen. Damit wollen die Wolfsburger, so lautete zumindest damals der Plan, für die europäischen Märkte voraussichtlich im Zeitraum 2033 bis 2035 die letzten Verbrenner produzieren.
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Globale Umverteilung
Sowohl in Deutschland als auch global erreichte die Elektromobilität bereits den Massenmarkt. Weltweit wurden im abgelaufenen Jahr trotz der Covid-19-Pandemie und Problemen in der Lieferkette, wie Engpässen bei Halbleiterchips laut Mc Kinsey über 6,5 Mio. E-Autos verkauft, was eine Verdopplung gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Neben dem Absatz verdoppelte sich zudem der Marktanteil der mit Batterie betriebenen Fahrzeuge von 4,7% in 2020 auf nunmehr 9,5% im abgelaufenen Jahr. Der mit Abstand größte Markt war China mit Verkäufen von über 3,3 Mio. Einheiten, was über die Hälfte des Absatzes weltweit bedeutet. Die Verkäufe in Europa stiegen um mehr als 60% auf 2,3 Mio. Einheiten. Auf China und Europa zusammen entfielen 2021 somit mehr als 85% des globalen Marktvolumens, mit großen Abstand gefolgt von den Vereinigten Staaten. Hier verdoppelten sich die Verkäufe gegenüber 2020, blieben jedoch weiterhin auf vergleichsweise niedrigem Niveau in Höhe von 630.000 Einheiten. Gemäß einer Prognose von Statista soll es im Jahr 2030 weltweit 116 Mio. Elektrofahrzeuge geben, was einer Steigerung von 1.800% seit 2020 gleichkommen würde.
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Harter Kampf um die Pole-Position
Speziell auf dem mit Abstand größten Markt der Welt, China, ist ein harter Kampf um die Marktanteile entbrannt. Durch die seit Ende März verhängten Lockdowns aufgrund der Null-Covid-Politik und den damit einhergehenden Schließungen von Produktionsstätten, ist der Autoabsatz im folgenden April um rund 50% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eingebrochen. Am härtesten getroffen wurde dabei die Wirtschaftsmetropole Shanghai. Hier unterhält der bisherige Marktführer Tesla ein Werk, dass aufgrund der Schließungen von insgesamt 22 Werktagen allein im 2. Quartal mit 254.695 Einheiten rund 18% weniger auslieferte als noch in den ersten 3 Monaten des aktuellen Geschäftsjahres.
betrug die Steigerung der Absatzzahlen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Damit wurden die Prognosen der Analysten, die mit knapp 300.000 Einheiten rechneten, unterboten. Noch schmerzhafter für den ehrgeizigen Unternehmensführer Elon Musk dürfte jedoch die Tatsache stören, dass Konkurrent BYD an Tesla vorbeizog und sogar weiter Marktanteile dazugewinnen konnte. Insgesamt 641.350 Einheiten konnte das „build your dreams“-Unternehmen absetzen und steigerte die Auslieferungszahlen des ersten Halbjahres 2021 um enorme 314,90%. Dabei profitierte das Unternehmen aus Shenzhen natürlich von dem Umstand, dass die BYD-Werke deutlich weniger von Schließungen betroffen waren.
Verschiebung durch Corona
Im vergangenen Juni konnte sich die Elektrofahrzeugindustrie stark erholen und verzeichnete trotz der anhaltenden Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und Problemen in der Lieferkette ein Wachstum von über 140% bei den Verkäufen gegenüber dem Vormonat. Wie die China Passenger Car Association (CPCA) mitteilte, erreichten die Verkäufe einen Rekordabsatz von insgesamt 571.000 Automobilen. Mit 134.036 E-Autos verteidigte BYD seinen Platz an der Sonne, gefolgt von Tesla mit 78.906 und SAIC-GM-Wuling mit 49.450. Die börsennotierten Hersteller Geely (29.671), XPeng Motors (15.295), Li Autos und Nio mit je rund 13.000 verkauften Automobilen folgen mit weitem Abstand.

Fokus auf das Wesentliche
Um die Marktstellung auszubauen, legt das bereits 1995 in Shenzhen gegründete Unternehmen seit März 2022 seinen ganzen Fokus auf die Produktion von reinen Elektro- und Plug-in-Hybridfahrzeugen und stellte die Produktion von Benzinfahrzeugen ein. Damit folgt man dem seit Bestehen des Konzerns verkündeten Mantra, ein „Ökosystem für emissionsfreie Energielösungen“ aufzubauen. Mit seinen Lösungen für erneuerbare Energien ist das Unternehmen erfolgreich international gewachsen und beschäftigt heute rund 230.000 Mitarbeiter, die in Niederlassungen in mehr als 50 Ländern und Regionen arbeiten.
auf 116 Mio. E-Autos soll die Steigerung bis 2030 betragen.
Im Ganzen ist der Mischkonzern kein reiner Elektroautobauer, sondern zählt außerdem zu den global größten Batterieherstellern, womit der Gründer Wang Chuanfu als Ursprungsgeschäft begann, und produziert nicht nur wiederaufladbare Batterien für Elektrofahrzeuge, sondern auch Akkus und Mobilfunkkomponenten. Das langjährige Knowhow im Batteriesektor kommt dem Unternehmen jetzt entgegen und die eigenentwickelte Blade-Technologie und könnte in Zukunft der Erfolgsgarant für BYD werden.
Laut Branchenexperten gelten die Blade-Batterien als die Sichersten der Branche. Die neue Technologie auf Lithium-Eisenphosphat-Basis (LFP) zeichnet sich vor allem durch eine geringe Hitzeentwicklung aus und ist dadurch im Vergleich zu herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus viel weniger anfällig für Brände. Außerdem konnte BYD die Raumnutzung innerhalb der neuen LFP-Batterie nach eigenen Angaben um 50% verbessern, was zu einer höheren Energiedichte und damit Reichweite führt. BYD will die Batterie auch an andere Autohersteller liefern, besonders Tesla wurde in der jüngsten Vergangenheit als zukünftiger Kunde genannt. Sollte die innovative Batterie wirklich in die Teslas verbaut werden, könnte sich die Blade-Technologie in Zukunft als neuer Standard festsetzen und BYD mehr oder weniger den Markt bestimmen.
Sicherung der Wertschöpfungskette oberste Priorität
Überhaupt bastelt BYD am Aufbau einer eigenen Wertschöpfungskette, um die Abhängigkeiten der Lieferketten so weit als möglich zu eliminieren. Wie chinesische Medien vermelden, sind größere Investitionen in die Entwicklung eines Chips für intelligentes Fahren geplant. Das Projekt wird von einem Team der Halbleiter-Tochtergesellschaft BYD Semiconductor geleitet. Bereits Ende des Jahres könnte der Chip dem breiten Markt vorgestellt werden. Insgesamt 72,3% besitzt BYD an der Semiconductor-Sparte. Ein IPO ist bereits geplant, aktuell laufen Gespräche mit der chinesischen Börsenaufsicht China Securities Regulatory Commission (CSRC).

Wie umtriebig der chinesische Konzern ist, um trotz Knappheit der Rohstoffe, wie das für die Batterieproduktion elementare Lithium, unabhängig zu bleiben zeigten außerdem die kürzlich getätigten Beteiligungen und Zukäufe. Um die Produktion zu sichern, hat sich BYD an der Shenzhen Chengxin Lithium Group mit einem Investment in Höhe von 425 Mio. EUR beteiligt. Im Gegenzug erhält BYD gesicherte Lithium-Lieferungen. Darüber hinaus wurde das Engagement 5 am Lithium-Produzenten Shanshan Lithium Battery Material Technology ausgebaut. Außerdem investiert das Unternehmen gemeinsam mit Partnern in Zhongrun Chemical, einem Hersteller von NMP-Lösungsmitteln, die zur Herstellung von Lithium-Batterien benötigt werden. Mit dem Erwerb von sechs afrikanischen Lithium-Minen, die Kreisen zufolge über mehr als 25 Mio.t Erz mit einem Lithiumoxid-Gehalt von 2,5% enthalten, wäre theoretisch ein Abbau von bis zu 1 Mio.t Lithiumkarbonat möglich und der Bedarf am knappen Rohstoff für das nächste Jahrzehnt gesichert.
SWOT-Analyse
Stärken
- eigene Batterie-Technologie
- Fokussierung auf den EV-Markt
- Breites Produktportfolio
- Aufbau einer eigenen Wertschöpfungskette
Schwächen
- Hohe Bewertung
- Abhängigkeit vor knappen Rohstoffen
Chancen
- Blade Batterie-Technologie als Standard für andere Autobauer
- Expansion und Erhöhung der Marktanteile global
- Ausbau des Markenportfolios
- Phantasie durch IPO von BYD Semiconductor
Risiken
- Rückgang der Absatzzahlen Wirtschaftsabschwung
- Weitere Lockdowns in China
- Gesprengte Lieferketten
- Fokus der Politik auf alternative Technologien wie Wasserstoff
- Ende der Förderung der EVs durch die chinesische Regierung
Ambitionierte Bewertung, Angst um Warren Buffett
Kürzlich gab es in der breiten Börsencommunity einen Aufschrei um die Investorenlegende Warren Buffett, der sich angeblich von seiner BYD-Position getrennt haben soll, die er 2008 eingegangen war. Zwar wurde dies weder bestätigt noch dementiert, im S&P CapitalIQ Pro-System stehen jedoch weiterhin die 225.000.000 H-Shares, die der Börsenfuchs zu 8,00 HKD erwarb und die aktuell einem Anteil von 7,73% an BYD entsprechen. Dass dieser zu Gewinnmitnahmen neigen könnte, könnte man nach einer Versiebenunddreißig-fachung (37!) nur zu gut verstehen.
Neben der starken Performance dürften den Berkshire-Hathaway-Chef auch auf die inzwischen nicht mehr ganz billige Bewertung des chinesischen Marktführers Sorgen bereiten. Zwar wächst das Unternehmen in Umsatz und Rentabilität, allein das Nettoergebnis konnte im ersten Halbjahr des Jahres um 140% gesteigert, ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 95 im aktuellen und 46 für das Jahr 2024 sind jedoch bei weitem kein Schnäppchen mehr. Nach Bekanntgabe der Zahlen zeigten sich diverse Analystenhäuser trotzdem angetan. So vergab die Schweizer Großbank Credit Suisse das Rating „outperform“ und erhöhte nach den Ergebnissen das Kursziel auf 380,00 HKD, umgerechnet 48,00 EUR. Ebenso bullish ist die Investmentbank Goldman Sachs für das führende chinesische Elektroautounternehmen. Das Urteil lautet weiterhin buy, das Kursziel wurde auf 404 HKD, umgerechnet 51,15 EUR. Zudem bleibt BYD auf der „Conviction List“ der Analysten.
in tsd.EUR | 2021e | e2022 | e2023 | e2024 |
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Umsatz | 28.350.011 | 49.672.299 | 65.355.080 | 76.366.478 |
Ebit | 545.746 | 1.705.495 | 2.552.298 | 3.506.871 |
Ebit-Marge in % | 1,93 | 3,43 | 3,91 | 4,59 |
Nettogewinn | 399.418 | 1.069.558 | 1.636.243 | 2.314.077 |
Gewinn je Aktie in EUR | 0,14 | 0,39 | 0,60 | 0,80 |
Starke Position dürfte ausgebaut werden
Die Energiewende ist einer der größten Herausforderungen in der jüngeren Geschichte der Menschheit. Im Hinblick auf das Erreichen der Klimaneutralität und der Ziele bis 2030 gilt die Elektrifizierung des Verkehrs als elementarer Baustein. Der Wechsel von Verbrenner-Motoren zu mit Batterie betriebenen Fahrzeugen wächst rasant. Allein bis Ende der Dekade soll sich die Zahl der E-Autos weltweit mehr als verzehnfachen. Im größten Markt der Welt konnte BYD die Marktführerschaft von Tesla übernehmen und schickt sich an, diese in naher Zukunft auszubauen. Neben der innovativen Blade-Technologie, die in Zukunft auch von anderen Produzenten als Batterie-Standard genutzt werden könnte, ist das von Warren Buffett unterstützte Unternehmen auf der einen Seite breit diversifiziert, um eine Unabhängigkeit auch zu den geschwächten Lieferketten zu erlangen. Auf der anderen Seite legt das Management den Fokus auf die EV-Technologie, was in Zukunft als Hebel wirken könnte. Fundamental gehört BYD in dieser Branche zur absolut ersten Reihe, günstig bewertet ist der Konzern aktuell jedoch nicht mehr.