Auf Umwegen zum Ziel
Seit dem vergangenen August ist viel passiert in der Zentrale der Smartbroker Holding AG, die früher unter „wallstreet-online“ firmierte. Nicht nur der Name veränderte sich, auch der Posten des Vorstandsvorsitzenden wurde neu besetzt. Wobei neu nicht ganz der Wahrheit entspricht. Vielmehr übernahm der Großaktionär und Gründer André Kolbinger einmal mehr das Ruder, um das vom Kurs abgekommene Schiff spätestens im August diesen Jahres in den sicheren Hafen zu schippern. Dann nämlich, so die letzten Aussagen des Firmenlenkers, soll der „Smartbroker 2.0.“, der attraktivste Broker Deutschlands, der breiten Öffentlichkeit zugänglich werden. Attraktiv deshalb, weil die neue Plattform zum einen alle Features sowie die Preise eines Neobrokers inklusive Android- und Iphone-App bietet, zum anderen eine breite Auswahl an Handelsplätzen und investierbaren Produkten zur Verfügung stellt, wie man dies nur von den etablierten Banken und Full-Service-Anbietern kennt.
Transparenz oberste Priorität
Seitdem der mit 54,41 % größte Anteilseigner wieder auf der Kommandobrücke steht, wurde die geplante Strategie, einen eigenen Broker selbst zu bauen, über Bord geworfen. Man setzt nun auf die passenden externen Partner, die Planungssicherheit bieten, sowohl was den rechtzeitigen Launch der Plattform als auch den Kostenapparat betrifft. So werden Depot- und Verrechnungskonto von der Baader Bank geführt, die auch mehrere Funktionen der Transaktionsabwicklung übernehmen wird. Dabei soll die in der Entwicklung befindliche Smartbroker-App und die von Grund auf neu gestaltete Desktop-Handelsoberfläche mit einer langjährig bankerprobten Wertpapierabwicklung verbunden werden. Auf operativer Seite übernimmt die Smartbroker-Gruppe die Bereitstellung und Pflege des Front-Ends sowie die digitale Depotantragsstrecke und die Betreuung der Kunden.
Darüber hinaus wird das Unternehmen künftig auch wesentliche Teile der Middleware wie Sicherheitsauthentifizierung, die Order-Vorbereitung, die Abrechnung und alle weiteren der Transaktionsabwicklung vorgelagerten technischen Ausführungsschritte bereitstellen. Aktuell dürfte im Maschinenraum der Hauptstädter reger Betrieb herrschen, gilt es doch die Bereiche Front End, Middleware und Wertpapierabwicklung zu verknüpfen. Nachdem das Unternehmen seit dem Vorstandswechsel eine transparente Kommunikation nach außen pflegt, darf man optimistisch sein, dass der avisierte Launch-Termin zum August eingehalten wird.
Alles im Kurs
Apropos offene Kommunikation. Durch das Aufräumen mit der Vergangenheit bei der Smartbroker Holding bedeutete dies Sonderabschreibungen in Höhe von insgesamt 13 Mio. EUR sowie eine Umsatz- und Gewinnwarnung für das Jahr 2022. Aufgrund der Verzögerungen im Hinblick auf den „Smartbroker 2.0“, konnte die Gruppe das Vertrauen der Anleger zumindest in Teilen zurückgewinnen. Dies war nach Verkündung der „bad news“ deutlich zu erkennen, da der Aktienkurs nicht weiter ins Bodenlose fiel. Vielmehr konnte sich dieser, wir berichteten, nach der Bildung eines doppelten Bodens bei 5,80 EUR, stabilisieren. Seitdem steht eine Kursperformance von 75 % auf aktuell 10,25 EUR zu Buche.
Konsolidierung vor dem nächsten Hype?
Dass nach dem Hochlauf der vergangenen Wochen eine Konsolidierung einsetzt, wäre aus charttechnischer Perspektive schulmäßig. Zudem könnten Anleger, die den ersten "Run" verpasst haben, zu einer zweiten Chance gelangen. So konnte der Aktienkurs den seit Juni 2021 ausgebildeten Abwärtstrend bei 10,09 EUR zwar durchbrechen. Aktuell zeigt er jedoch erste Ermüdungserscheinungen. Der Trendfolgeindikator MACD bildete bereits negative Divergenzen und steht auf Tagesbasis kurz vor dem Generieren eines Verkaufssignals. Noch im überkauften Bereich befindet sich der RSI, der sich durch die scharfe Erholungsrallye der vergangenen Wochen wieder in den neutralen Bereich bewegen dürfte.
Ein Optimal-Szenario wäre ein Rücksetzer auf den Ausbruchspunkt bei 8,77 EUR. In diesem Bereich bewegt sich auch die noch fallende 200-Tagelinie, die als doppelte Unterstützung dienen dürfte. Nach einem erfolgreichen Test der genannten Marken und möglicher positiver Wasserstandsmeldungen im Hinblick auf den erfolgreichen Launch-Termin im August würde als nächstes Zwischenziel die Zone des 2022 etablierten Kanal zwischen 15,37 EUR und 18,21 EUR fungieren.
Analysten weiterhin optimistisch
Dieses deckt sich auch mit dem Kursziel des Analystenhauses GBC AG, die im Rahmen ihres Discounted Cash Flow-Modells auf 17,70 EUR gelangen. Das Rating wird mit „kaufen“ beibehalten. Insgesamt sehen die Augsburger den Smartbroker-Konzern weiterhin gut aufgestellt, um seine Marktposition in den beiden Geschäftsfeldern Portal Business und Brokerage auszubauen. Die geplante Einführung des Smartbrokers 2.0, inkl. der Apps und Produkterweiterungen, sollte die zukünftige Wachstumsdynamik des Unternehmens ab dem Geschäftsjahr 2024 deutlich erhöhen. Durch die hohe Skalierbarkeit des Brokerage-Geschäftsmodells sollten parallel hierzu ebenfalls die erwarteten Ergebniszuwächse die Konzernprofitabilität überproportional ansteigen lassen.
Zwischenfazit
Aufgrund von Verzögerungen im Hinblick auf den Launch des „Smartbroker 2.0“ verlor die Aktie seit Juli des vergangenen Jahres rund 70 % an Wert. Durch eine Strategieänderung, der erfolgreichen Suche von neuen Partnern sowie einer offenen und transparenten Kommunikation konnten die Hauptstädter um den Vorstandsvorsitzenden und Großaktionär André Kolbinger das Vertrauen der Anleger zurückgewinnen. Aktuell dürfte die entscheidende Phase mit der Verknüpfung des Frontend, der Middleware sowie der Wertpapierabwicklung vonstattengehen. Bei positiven Zwischenmeldungen gehen wir davon aus, dass sich dies im Kurs positiv niederschlagen dürfte. Sollte der Launch-Termin im August eingehalten werden, dürfte dies deutlich höhere Notierungen zur Folge haben.
Das Update erfolgt auf den initialen Report 11/2021