Neuausrichtung nach dem Absturz
Der Aufschrei im vergangenen August war groß, als der Gründer und Aufsichtsratschef André Kolbinger aufgrund unterschiedlicher Auffassungen bei der zukünftigen Umsetzung des „Smartbroker 2.0“ erneut das Ruder als Vorstandsvorsitzender übernahm. Seither wurde der Plan, einen Next Generations Broker in Eigenentwicklung zu bauen, über Bord geworfen. In Folge der Unsicherheiten verlor die Aktie der Smartbroker Holding zwischenzeitlich rund 68% auf einen Tiefststand von 5,39 EUR. Nach einem erneuten Test des Jahrestiefs konnte sich das Papier deutlich erholen und notiert aktuell auf einem Niveau von 7,22 EUR. Mit dem Überwinden des Jahreshochs bei 8,78 EUR würde sich das Chartbild deutlich aufhellen und die Bodenformation wäre abgeschlossen. Als nächstes Kursziel würde dann bereits der seit Juni 2021 ausgebildete Abwärtstrend bei 11,15 EUR winken. Aufgrund der aktuell positiven Unternehmensentwicklung scheint dieses Szenario nicht unwahrscheinlich.

Bereinigung und klare Strategie
Seit dem Wechsel auf der Kommandobrücke ist das Unternehmen bemüht, klar zu kommunizieren und die Fehler der Vergangenheit zu bereinigen. Zum einen wurde bekanntgegeben, dass sich der Launch des Next Generations Broker auf den Sommer 2023 verschiebt. Zum anderen wurden auf Bilanzebene 5 Mio. EUR auf bereits aktivierte Entwicklungskosten für die ursprünglich geplante Transaktionsplattform abgeschrieben. Die Marketingaufwendungen zur Neukundengewinnung wurden gestoppt und sollen nach dem geplanten Start deutlich hochgefahren werden.
Dass trotz des Aussetzens der Neukundenakquise die Höhe des betreuten Kundenvermögens im Jahr 2022 um 0,4 Mrd. EUR 9,2 Mrd. EUR gesteigert werden konnte, zeigt trotz der Verschiebungen, dass sich das Geschäftsmodell des Smartbrokers im Markt etabliert hat. Ebenfalls positiv zu werten ist der Zuwachs an 30.000 neuen Depoteröffnungen. Von etwas schwächeren Umsätzen in Höhe von 52 Mio. EUR gehen die Hauptstädter auf Basis vorläufiger Zahlen aus. Die ursprüngliche Prognose lag zwischen 54 Mio. EUR und 57 Mio. EUR. Ebenfalls mit 9 Mio. EUR bewegte sich das operative EBITDA unter dem Zielkorridor zwischen 10 Mio. EUR und 12 Mio. EUR. Die endgültigen Zahlen für das Gesamtjahr 2022 und ein Ausblick für das laufende Jahr sind auf Anfang März terminiert.

Planungssicherheit mit erfahrenen Partnern
Dass die Zeitlinien für das „Go live“ diesmal eingehalten werden, um den Kunden den laut Kolbinger „attraktivsten Broker Deutschlands“ zu bieten, liegt in der Hand des neuen Partners der Baaderbank, der zukünftig für die Wertpapierabwicklung übernehmen wird. Die Berliner zeichnen sich hingegen für das Frontend und wesentliche Teile der Middleware, zu der Sicherheitsauthentifizierung, Order-Vorbereitung oder Abrechnung zählen, verantwortlich.Dass die Unterschleißheimer Brokerage können, zeigen zum einen das bestehende System, zum anderen die aktuelle Kundenliste. So kooperieren diese mit drei Mitbewerbern, unter anderem Scalable Capital, und haben den Proof of Concept als zuverlässiger Partner bereits mehrfach unter Beweis gestellt.
Zudem bietet der neue Partner im Vergleich zur DAB deutlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten. So soll die eminent wichtige Smartphone App genauso wie eine auf neuesten Stand programmierte Handelsoberfläche bereits beim Launch verfügbar sein. Zudem wird eine deutlich schnellere und vollständig digitale Depoteröffnung angeboten, die Eröffnung von Depots für Firmenkunden sowie Gemeinschafts- und Juniordepots inbegriffen. Im nächsten Schritt ist dann der Handel von mehr als 20 Kryptowährungen geplant. Dieser wird von einem der weltweit führenden Anbieter von institutioneller Handelstechnologie für digitale Vermögenswerte, Wyden, abgebildet.
Zwischenfazit
Die Berliner haben durch die Verschiebung ihres Zukunftsprojektes deutlich an Anlegervertrauen verloren, was Sie sich jedoch Stück für Stück durch eine klare Kommunikation und einer stringenten Strategie zurückerobern. Fakt ist, der „Smartbroker 2.0.“ muss im Sommer des aktuellen Börsenjahres gelauncht werden, Kolbinger muss liefern. Sollte dies gelingen, steht einem starken Rebound aus unserer Sicht nichts im Wege. Denn mit Trading-App und moderner Handelsoberfläche darf man die Smartbroker Holding AG spätestens dann mit den etablierten Neobrokern messen. Die Kombination eines typischen Neobrokers mit der breiten Auswahl an Handelsplätzen und investierbaren Produkten, wie man sie üblicherweise nur von den etablierten Banken und klassischen Brokern kennt, dürfte zudem als Premium in die Bewertung einfließen.
Das Update erfolgt auf den initialen Report 11/2021