Nel ASA - Auf dem Weg in eine neue Liga
Anfang Mai hat Nel ASA hat seine Pläne für den Bau einer neuen automatisierten Gigawatt-Elektrolyseur-Fabrik in Michigan bekannt gegeben. In der Endausbaustufe wird die Anlage zu den größten Elektrolyseur-Fabriken der Welt gehören und über 500 neue Arbeitsplätze schaffen. Bereits im Januar hatte CEO Håkon Volldal die USA auf seine Investitionsliste genommen. Nun erfolgte die Ankündigung auf dem SelectUSA-Investitionsgipfel in Washington. Michigan hatte sich zuletzt als Staat mit guten Rahmenbedingungen gezeigt.
Das Nel-Michigan-Projekt ist eines der größten H2-Projekte weltweit
Finanzielle Zuschüsse, Zugang zu hochqualifizierten Arbeitskräften und eine enge Zusammenarbeit mit Universitäten, Forschungseinrichtungen und strategischen Partnern. Diese Faktoren waren für die Norweger entscheidend, eines der größten H2-Projekte der Welt auf den Weg zu bringen. Michigan gilt in den USA als einer der Vorreiterstaaten der neuen Energie-Technologie. In Zukunft wird Nel auf seinem vollautomatischen Konzept zur Herstellung alkalischer Elektrolyseure aufbauen, das auf Herøya in Norwegen entwickelt wurde. In ähnlicher Weise wird die Erweiterung der Anlage in Wallingford eine entscheidende Rolle bei der Schaffung eines Konzepts für die Ausweitung der Produktion von PEM-Elektrolyseuren spielen.
Anfang Januar hat das deutsche Energie-Unternehmen HH2E den Kauf von Elektrolyseurkapazität beim norwegischen Wasserstoff-Spezialisten Nel eingeleitet. Nel Hydrogen Electrolyser AS, eine Tochtergesellschaft von Nel ASA, hat sich mit HH2E auf eine FEED-Studie (Front End Engineering and Design) sowie eine Absichtserklärung für zwei 60-MW-Elektrolyseanlagen in Deutschland geeinigt. Die FEED-Studie wird nach Erteilung des Auftrags gestartet und die Parteien beabsichtigen, in der ersten Hälfte des Jahres 2023 einen Vertrag über die Lieferung der Elektrolyseure abzuschließen. Beides ist ein großer Schritt in die H2-Zukunft für Deutschland und Norwegen.
"Diese Projekte sind wichtig für die Energiewende in Deutschland und Europa, und wir freuen uns, unseren Partner HH2E bei seinen Bemühungen um eine grünere Gesellschaft zu unterstützen", sagt Håkon Volldal, CEO von Nel.
Die zwei angedachten 60-MW-Anlagen von HH2E werden zu den größten bisher angekündigten Systemen zur Erzeugung von grünem Wasserstoff in Europa gehören. Beide Anlagen befinden sich in der ersten Phase und können bei Bedarf noch erheblich erweitert werden. Der gewonnene Wasserstoff wird für industrielle Anwendungen, Transport & Logistik und die örtliche Wärmeversorgung verwendet. Insgesamt strebt HH2E bis 2030 eine Elektrolyseur-Kapazität von 4 GW an und möchte damit zu einem der wichtigsten H2-Unternehmen in Deutschland aufrücken.
Die Zahlen für das erste Quartal lagen über den Erwartungen
Nel überraschte mit seinen vorgelegten Zahlen positiv. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum konnten die Erlöse um 68 % auf 359 Mio. NOK gesteigert werden. Auch der Auftragseingang ist mit 580 Mio. NOK um beeindruckende 105 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Der Rekord-Auftragsbestand lag am Ende des Quartals mit 2,9 Mrd. NOK sogar um 126 % höher als im ersten Quartal 2022. Alle Segmente, darunter die Bereiche Fueling, PEM-Elektrolyseure und alkalische Elektrolyseure, konnten im Vergleich zum Vorjahr ein starkes Wachstum verzeichnen. Das EBITDA von -121 Mio. NOK resultierte aus den hohen Verlusten im Fueling-Bereich sowie niedrigen Margen bei Elektrolyseur-Projekten, die in den Jahren 2020/2021 abgeschlossen wurden. Auch gestiegene Personalkosten wegen der Vorbereitung auf Großprojekte belasten die Kostenseite. Der Nettoverlust erreichte 192 Mio. NOK nach 84 Mio. NOK und ist hauptsächlich auf Verluste aus dem operativen Betrieb und eine Fair-Value-Anpassung von Aktienbeteiligungen von -76 Mio. NOK zurückzuführen.
Ein verheissungsvoller Ausblick
Nel hatte einen guten Start ins Jahr 2023 mit robustem Wachstum für seine Elektrolyseur-Division im Vergleich zum Vorjahresquartal. Die Produktionsvolumina in der Fertigungsstätte des Unternehmens in Herøya steigen und das Unternehmen erhielt weiter große Bestellungen für seine alkalischen Elektrolyseur-Ausrüstungen. Damit ist man ein Technologie-Vorreiter und wird weiterhin in die Organisation, Technologieentwicklung und Skalierung der Produktionskapazität investieren. Das Unternehmen befindet sich in einer soliden finanziellen Position, nachdem im ersten Quartal 2023 eine erfolgreiche Privatplatzierung durchgeführt wurde, welche 1,6 Mrd. NOK an neuen Mittel in die Kasse spülte. Nel ist derzeit dabei, eine zweite Produktionslinie in Herøya zu errichten, um die Gesamtproduktionskapazität auf 1 GW zu erhöhen. Gleichzeitig plant das Unternehmen, die Produktionstechnologie seiner PEM-Elektrolyseure zu automatisieren und die Produktionskapazität auf rund 500 MW in seiner Anlage in Wallingford, Connecticut zu erhöhen.
Analysten reagieren mit Hochstufungen
Nel erwartet weiterhin deutliches Wachstum aus den europäischen Projekten. Die US-Investmentbank Goldman Sachs hat das Kursziel für die Norweger nach den Quartalszahlen leicht von 20,60 auf 21,00 NOK angehoben und die Einstufung auf "Buy" belassen. Der Wasserstoffkonzern hat die Erwartungen übertroffen, schrieb Analyst Michele della Vigna in einer jüngst veröffentlichten Studie. Auffällig ist die neue Rekordmarke beim Auftragsbestand sowie die zuletzt deutliche Margensteigerung. Auch die deutsche Privatbank Berenberg hat das Kursziel für Nel von 18 auf 19 NOK angehoben und ihre Einstufung auf "Buy" belassen. Laut Analyst James Carmichael überzeugt der gute Start ins neue Jahr. Die Analysten von Refinitiv Eikon taxieren den Umsatzanstieg im Konzern auf plus 69 % in 2023 bzw. 1,5 Mrd. NOK und weiteren plus 55 % in 2024 auf dann 2,4 Mrd. NOK. Profitabel sollen die Norweger aber erst im Übergang auf das Jahr 2027 werden. Das Auftragsbuch liegt bei über 2,9 Mrd. NOK (+125 % ggü. dem Vorjahr) und in der Kriegskasse befinden sich ganze 4,6 Mrd. NOK. Damit geht Nel gut gerüstet in die nächste Runde.
Ein gemischtes Bild zeigen die Einschätzungen der Analysten dennoch auf der Plattform Refinitiv Eikon. Von 25 Experten raten nur 11 zum Kauf, das durchschnittliche Kursziel der Empfehlungen liegt bei 16,55 NOK. Das entspricht zwar einem Premium von 22 % zum aktuellen Kurs von 13,53 NOK, stellt dennoch aber ein Tief in den Aussichten der letzten 2 Jahre dar.
Zwischenfazit: Beginnt nun die nächste Aufwärtsbewegung?
Gegenüber dem H2-Sektor besitzt die Nel-Aktie seit 2 Jahren eine klare Outperformance von über 50 %, denn die Peergroup-Unternehmen FuelCell Energy, Plug Power und Ballard Power liegen im Beobachtungszeitraum mit über -70 % im Hintertreffen. Schlagend wirken die drückenden Bilanzen. Denn es muss nun auf deutlich niedrigerem Niveau auf neues Investorenkapital gehofft werden. Nel ASA zeigt hier durch seinen hohen Kassenbestand eine rühmliche Ausnahme.
Nel ASA kann mit einem hohen Auftragsbestand und einer ausreichenden Finanzierungslage überzeugen. Fundamental ist die Aktie sicherlich ein Standardwert im gesamten H2-Sektor. Durch die Probleme bei Plug Power hat sich der Fokus zuletzt stärker auf Nel ASA gerichtet. Gegenüber dem Konkurrenten aus den USA konnte die Nel-Aktie in 2023 schon eine Outperformance von 48 % erzielen. Nel profitiert als europäischer Marktführer von steigenden Investitionsbudgets der EU-Regierungen, aber auch das europäische Ausland gewinnt an Traktion. Fundamental ist Nel mit einem KUV 2023e von 14,8 nach wie vor sehr ambitioniert bewertet. Die aktuelle Kursentwicklung spiegelt u. E. die indifferente Haltung der Investoren gegenüber der Nel-Aktie wider, die sich mitunter aus der hohen Umsatz-Bewertung ergibt, zumal nach vielen Jahren operativer Tätigkeit noch nie ein Gewinn eingefahren werden konnte. In den letzten 18 Monaten hatten Investoren im Wasserstoff-Sektor einen Ausverkauf von über 75 % zu verkraften.
Hinweis: Die Geschäftszahlen zum 2. Quartal 2023 werden voraussichtlich am 18. Juli veröffentlicht.
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Das Update erfolgt auf unseren initialen Report 01/22.