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05.05.2022, Autor: André Will-Laudien

Aktien-News: Nel ASA - Q1 unter den Erwartungen, aber kein Beinbruch — Wasserstoffperle des Nordens - Der Blick bleibt in die Zukunft gerichtet

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Die Ukraine-Krise zeigt die Verwundbarkeit der europäischen Energiepolitik. Ein Weitermachen wie bisher gefährdet nicht nur die Versorgung, sondern auch die politische Stabilität in Europa, denn eine dauerhafte Verdoppelung der Energiepreise würde die Kaufkraft und das künftige Wachstum extrem belasten. Je früher die EU auf Erneuerbare Energien umsteigt, desto schneller wird die Staatengemeinschaft unabhängiger und desto mehr gewinnt sie die Kontrolle über ihr eigenes Energiesystem. Der jüngst von der EU-Kommission vorgestellte Energieerneuerungsplan namens "REPowerEU" ist eine mutige Initiative. Mit REPowerEU erfährt die Klimapolitik eine weitere entscheidende Begründung: Sie ist nicht mehr nur notwendig, um die schwerwiegenden Folgen der Erderwärmung wie Dürren, Überflutungen, soziale Konflikte und Migration in den Schwellenländern zu vermindern. Klar ist jetzt auch, dass eine konsequente Klimapolitik Teil der kommenden Friedenspolitik sein wird.


Lesezeit: 4 Minuten

Nel ASA - Lösungen für eine grüne Zukunft

Nel ASA ist ein weltweit tätiger Wasserstoff-Pionier aus Norwegen, welcher Lösungen für die Herstellung, Speicherung und Verteilung von Wasserstoff aus Erneuerbaren Energien anbietet. Der norwegische Konzern beliefert Industrie, Energie- und Gasunternehmen mit einer weltweit führenden Wasserstofftechnologie. Die Wurzeln des Unternehmens reichen bis in das Jahr 1927 zurück, in den letzten Jahren wurde die Entwicklung und kontinuierliche Verbesserung von Wasserstofftechnologien vorangetrieben. Heute decken die Nel-Wasserstofflösungen die gesamte Wertschöpfungskette ab, von der Wasserstoffproduktion über relevante Technologien bis hin zu den physischen Wasserstofftankstellen. Sie ermöglichen der Industrie den Übergang zu grünem Wasserstoff und bieten allen Brennstoffzellen-Elektrofahrzeugen eine schnelle Betankung.

Die Klimaschutzziele 2050 sind aktueller denn je

Der Krieg in der Ukraine verschärft die Notwendigkeit der in den letzten Jahren beschlossenen Maßnahmen zur Veränderung unserer Ernergieversorgung. Mit der adhoc eingetretenen Verknappung und der einhergehenden Preisexplosion bei fossilen Rohstoffen ist allein die Abhängigkeit von Russland und China eine treibende Kraft im europäischen Erneuerungsprozess.

Mit dem im Juni 2021 beschlossenen Klimaschutzgesetz hat Deutschland seine Klimaziele verschärft. Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen um 65% gegenüber 1990 reduziert werden, bis 2040 sogar um 88%. Zuerst wurde vereinbart, bis 2045 treibhausgasneutral zu sein, die neue Regierung hat dieses Ziel im Dezember 2021 aber wegen Unerreichbarkeit auf 2050 angehoben. Damit will Deutschland seinen Beitrag leisten, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad und möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Das vergangene Jahr 2021 war alles andere als erfolgreich für Aktien aus dem Wasserstoff- und Brennstoffzellensektor. Die Zeichen standen nach einem fulminanten Boom im ersten Halbjahr auf Korrektur. In Hinblick auf die Energiewende und die Wichtigkeit der Wasserstofftechnologie könnte jedoch gerade diese Branche im neuen Jahr eine Wiederauferstehung erleben. Erst kürzlich gab das von dem Grünen-Politiker Robert Habeck geleitete Bundeswirtschaftsministerium 900 Mio. EUR für das Förderinstrument „H2Global“ frei.

Die Kommunen erproben seit Jahren den Umstieg. Bald sind sie darauf angewiesen. Quelle: obs/WSW Wuppertaler Stadtwerke GmbH/Stefan Tesche-Hasenbach

Während sich die Nutzung von Wind und Sonne längst etabliert hat, steht dieser Schritt bei Wasserstoff noch bevor. Der jüngste Beschluss der EU, im Jahr 2030 rund 20 Millionen metrische Tonnen Wasserstoff zu produzieren, um damit Erdgaslieferungen aus Russland zu ersetzen, dürfte die Nutzung der neuen grünen Energie nun schneller etablieren. Gegenwärtig importiert Europa noch 50 Milliarden Kubikmeter Erdgas, um den sogenannten grauen Wasserstoff herzustellen. Mit der Umstellung auf neue Elektrolyse-Verfahren mit alternativ erzeugtem Strom könnte grüner Wasserstoff im Jahr 2030 rund 12% des Gasverbrauchs ersetzen, prognostiziert die Nachrichtenagentur Bloomberg Intelligence. Das wären die ersten Schritte in etwas mehr Unabhängigkeit, die Abhängigkeit von Energielieferanten wird aber noch einige Jahrzehnte bleiben, bis eine alternative Infrastruktur komplett installiert ist.

Nel erhöht seine europäischen Kapazitäten

Kürzlich erklärte der norwegische Wasserstoffkonzern via Pressemitteilung, dass das Unternehmen bereit wäre, "seine Produktionskapazitäten für Elektrolyseure zu erhöhen, um die gestiegenen Ambitionen der Europäischen Union für erneuerbaren Wasserstoff zu erfüllen." Derzeit kann zum Beispiel das Elektrolyseurwerk von NEL auf Herøya dem Markt eine Kapazität von 500 MW zur Verfügung stellen, mit der Möglichkeit, diese auf bis zu zwei GW zu erweitern. CEO Jon André Løkke erklärt, dass das Unternehmen entschlossen sei Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt zu machen. "Es ist an der Zeit, Europas Wasserstoffambitionen in die Tat umzusetzen. Wir brauchen einen klaren und vorhersehbaren Rechtsrahmen, der Sicherheit und angemessene Anreize für erneuerbare Wasserstofftechnologien bietet", so Løkke. Nel kann mit seiner Greentech-Infrastruktur einen großen Beitrag zur Versorgungsstablität leisten. Dabei bleiben die Investitionen allerdings noch so hoch, dass die Erreichung der Gewinnschwelle den Aktionären noch einige Geduld abverlagen wird.

Der Chart mit Volumen und Kurs über drei Monate. Quelle: S&P CapitalIQ Pro, Stand: 04.04.2022

Die Latte lag hoch, Nel bleibt etwas darunter

Am Mittwoch, den 11.05.2022 hat Nel mit leichter Verschiebung die Zahlen zum ersten Quartal 2022 vorgelegt. Die Analystenerwartungen beim Umsatz konnten nicht ganz erreicht werden, der Verlust auf Basis EBITDA hat sich wegen hoher Investitionen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar mehr als verdoppelt. Durch eine erfolgreiche Privatplatzierung über 1,5 Mrd. NOK sitzt Nel nach wie vor auf einer komfortablen Kassenposition von 3,9 Mrd. NOK.

Der Umsatz stieg um 36% auf 213 Mio. NOK oder umgerechnet ca. 20,8 Mio. EUR, der Konsens in der letzten Expertenschätzung lag allerdings bei 259 Mio. NOK oder 24,6 Mio. EUR. Der EBITDA-Verlust erhöhte sich merklich von 74 auf 152 Mio. NOK, der operative Netto-Cashflow summierte sich dabei auf minus 159 Mio. NOK. Analysten rechneten im EBITDA nur mit einem Fehlbetrag in Höhe von 135,6 Mio. NOK. Der Blick in die Zukunft verspricht aber weiteres Wachstum, denn der Auftragsbestand kletterte um 19% auf den neuen Rekordstand von 1,289 Mrd. NOK.

Der scheidende CEO Jon André Løkke kommentiert: "Wir halten an unserer Wachstumsstrategie fest und sind von dem langfristigen Potenzial der Branche überzeugt. Sowohl der Auftragsbestand als auch die Pipeline wachsen, und wir sehen weiterhin gute Aussichten für grünen Wasserstoff."

Unser Fazit: Die Zahlen von Nel enttäuschen auf den ersten Blick, Marktteilnehmer sollten aber die hohen Investitionen in die Zukunftstechnologie "Wasserstoff" nicht aus den Augen verlieren. Nel kann beständig Großaufträge an Land ziehen, die so wichtige Weiterentwicklung der Technologie ist somit gesichert. Der Aktienkurs liegt auf 12-Monatsbasis nun knapp 30% im Minus, vom Hoch hat die Aktie bereits über 65% korrigiert. Die aktuelle Bewertung auf Basis des geschätzten Umsatzes für 2022 von ca. 1,2 Mrd. NOK bleibt mit Faktor 15 dennoch ambitioniert. Trotz verbleibend guter Analystenschätzungen ist die Aktie im aktuellen Umfeld nur eine Beachtungsposition. Charttechnisch könnte es im derzeitigen Ausverkauf der Technologiewerte auch mal auf ca. 1 EUR zurückgehen. Dreht der Gesamtmarkt, ist Nel ein technisches Momentum-Play der ersten Stunde.


Das Update erfolgt auf unseren initialen Report 01/22.


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