Das kanadische Biotech-Unternehmen XPhyto vermeldete kürzlich positive In-Vivo-Ergebnisse eines Rotigotin-Pflasters zur Behandlung von Parkinson. Rotigotin ist ein Wirkstoff, der in Europa und den USA bereits zur Behandlung von Parkinson und des Restless-Legs-Syndroms zugelassen ist. Wird der Wirkstoff oral verabreicht, ist die Bioverfügbarkeit gering und eine kontinuierliche Wirkstoffabgabe erschwert. Deswegen bieten sich zur Anwendung von Rotigotin Wirkstoffpflaster an, die die Arznei kontinuierlich an die Haut abgeben und so für eine gleichbleibende Wirkung zur Linderung beider neurologischen Erkrankungen sorgen.
Markteintritt der Parkinson-Pflaster schon in 12 bis 24 Monaten möglich
Die jüngste Untersuchung von XPhyto hat ein aktuell im Handel befindliches Wirkstoffpflaster einer bekannten Marke mit einer Eigenentwicklung des XPhyto-Tochterunternehmens Vektor Pharma TF GmbH mit Sitz in Biberach, Baden-Württemberg, verglichen. Dabei wurden insbesondere die Durchdringung der Haut sowie das Lösungsverhalten des Wirkstoffs untersucht. Während ersteres Testkriterium keine nennenswerten Unterschiede beider Produkte aufzeigte, zeigen sich im Bereich der Löslichkeit von Rotigotin noch kleine Unterschiede zu Gunsten des Markenprodukts. Für XPhyto haben die Ergebnisse die Erwartungen dennoch übertroffen. Das Unternehmen geht davon aus, sein Rotigotin-Pflaster in eine In-Vivo-Untersuchung überführen zu können. Derartige Studien, die im positiven Fall in einem Markteintritt resultieren, dauern in der Regel zwischen sechs und zwölf Monaten.
Rotigotin ist Standard-Medikation – und Multi-Millionen-Markt
Die Rotigotin-Lösung von XPhyto ist die bislang einzige bekannte Alternative zum unter dem Handelsnamen Neupro bekannten Präparat. Das Pflaster kommt üblicherweise insbesondere im frühen Stadium der Erkrankung als alleiniger Wirkstoff zum Einsatz. Später wird es häufig in Kombination mit L-Dopa verabreicht. Der Wirkstoff Rotigotin deckt also mehrere Stadien von Parkinson oder des Restless-Legs-Sydroms ab. Nach Angaben von Wissen Market Research lag der weltweite Gesamtumsatz mit Rotigotin-Pflastern im Jahr 2021 bei 518 Mio. USD. Bis 2030 rechnen die Analysten mit einem Ansteigen des Umsatzes auf 760 Mio. USD.
Gelingt es XPhyto, in diesem Markt Anteile zu gewinnen, könnten die Rotigotin-Pflaster dem Unternehmen zu einem operativen Durchbruch verhelfen. „Die bisherigen Studien rund um unser Rotigotin-Produkt sind sehr ermutigend und wir sind guter Dinge, als nächsten Schritt weitere Humanstudien durchzuführen", so XPhyto-CEO Hugh Rogers gegenüber researchanalyst.com. „Im Vorfeld der CPHI-Konferenz, die Anfang November in Frankfurt beginnt, ist das Interesse an unseren Zwischenergebnissen von Seiten potenzieller Partner bereits groß."
Ein Schritt weiter: Vereinbarung mit US-Unternehmen rund um Diagnose-Produkte
Während im Bereich der Darreichungsformen potenzielle Partnerschaften sondiert werden, ist XPhyto mit seiner Diagnose-Sparte bereits einen Schritt weiter. Anfang des Monats unterzeichnete das Unternehmen eine nicht-bindende Absichtserklärung mit einem US-Unternehmen, um im Bereich der Dünnfilm-Screeningstests zusammenzuarbeiten. Konkret soll es dabei um Fertigung, Vertrieb, aber auch Forschung und Entwicklung gehen. Das Partnerunternehmen, das bislang nicht genannt werden darf, verfügt über Fertigungskapazitäten, die den Anforderungen der US-Arzneimittelbehörde entsprechen sowie mehr als 50-jährige Erfahrung. Derzeit evaluieren beide Unternehmen, wie eine konkrete Zusammenarbeit aussehen könnte und wie die jeweiligen Geschäftsbereiche konkret zusammenpassen.
Kampf gegen Opioid-Seuche in den USA – Mundgesundheit rückt ins Zentrum
Die Diagnosesparte von XPhyto umfasst mehrere Produkte rund um die Mundgesundheit, darunter Tests, um Stomatitis, Parodontitis und Periimplantitis zu erkennen. Genau hier könnten sich Anknüpfungspunkte zum lukrativen US-Markt ergeben. Im Sommer warnte die US-Arzneimittelbehörde vor den indirekten gesundheitlichen Folgen der Opiod-Sucht in den USA. Schätzungen gehen davon aus, dass allein 2019 zwischen 6,7 und 7,6 Mio. Menschen in den Vereinigten Staaten unter einer Opioidkonsumstörung litten. Als wären diese Zahlen nicht schon erschreckend genug, wurde in diesem Sommer bekannt, dass Medikamente gegen die Sucht, wie etwa Buprenorphin, als Nebenwirkung Erkrankungen des Mundraums nach sich ziehen können. Konkret geht es dabei um Karies und andere Infektionen, die letztlich zum Zahnverlust führen können. Da die Tests rund um entzündliche Erkrankungen des Mundes von XPhyto günstig herzustellen und einfach anzuwenden sind, könnte dafür insbesondere in den USA ein großer Markt bestehen. Versicherungen dürften ein großes Interesse daran haben, aufwändigen Behandlungen bis hin zu Implantaten durch rechtzeitige Prophylaxe proaktiv zu begegnen.
Fazit: Große Schritte zur Marktreife
Nachdem die Aktie von XPhyto im Spätsommer ein Verlaufstief ausgebildet hatte, stabilisiert sich der Kurs inzwischen und lässt sogar die schwachen Sommer-Monate hinter sich. Ursächlich für diese Bodenbildung dürfte der Umstand sein, dass das Unternehmen in zwei von drei Geschäftsbereichen deutliche Fortschritte gemacht hat. In der Diagnostik-Sparte besteht bereits eine nicht-bindende Absichtserklärung mit einem US-Unternehmen. Hier könnte die besondere Situation rund um die Opioid-Krise ein Katalysator für steigende Notierungen sein. Auch unabhängig von dieser Sondersituation besteht nach Ansicht von Marktforschern Potenzial: Mit seinen Biosensorprodukten positioniert sich das Unternehmen in den globalen Märkten für Biosensoren und Mundgesundheit, die laut Global Market Insights bis 2028 ein Volumen von 43,6 bzw. 44,5 Mrd. USD erreichen könnten.
Im Bereich der Darreichungsformen greift XPhyto mit seinen Rotigotin-Pflastern ebenfalls nach einem potenziellen Multi-Millionen-Markt. Aufgrund des Plattform-Ansatzes von XPhyto ist das Unternehmen darüber hinaus in der Lage, auch auf neue Entwicklungen auf dem Gesundheitsmarkt reagieren zu können. Auch sind positive Spill-over-Effekte der jüngsten Entwicklungen auf die dritte Säule des Unternehmens nicht ausgeschlossen: Psychedelika gewinnen im Kampf gegen psychische Erkrankungen an Bedeutung, vor allem in Nordamerika. Erst im September meldete XPhyto in diesem Zusammenhang eine Reihe neuer Patente an. Aktien rund um psychoaktive Wirkstoffe haben in den vergangenen Tagen in Nordamerika eine hohe Aufmerksamkeit erfahren.
Das Update erfolgt auf unseren initialen Report 12/2021.