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16.05.2022, Autor: André Will-Laudien

Aktien-News: VARTA mit passablem ersten Quartal 2022 — Für die Erreichung der Jahresziele braucht es aber mehr Dynamik

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Varta bringt ein schwieriges Quartal hinter sich. Der Batterie-Experte leidet weiter unter der Nachfrageschwäche bei den sonst so wachstumsstarken Lithium-Ionen-Knopfzellen. Zwar bleiben das Wachstum bei Energiespeichern und das Interesse an herkömmlichen Haushaltsbatterien hoch, das kann den Rückgang bei den kleinen Akku-Knopfzellen aber derzeit nicht ausgleichen. Die von der Börse sehnsüchtig erwarteten Umsätze aus dem E-Mobilitätsbereich sind noch lange nicht in Sicht. Somit schwindet die Zuversicht und die Anleger werden deutlich vorsichtiger. Ein schlechter Chartverlauf und die aktuelle Krise der Wachstumswerte helfen auch nicht weiter. Es braucht im Jahresverlauf vermutlich mehr an operativer Dynamik. Ein Update aus Ellwangen.


Lesezeit: 5 Minuten

Durchwachsenes erstes Quartal

Insgesamt finden wir die Performance des Batterie-Experten aus Ellwangen nicht unbedingt schlecht. Immerhin konnte man sich den Falltüren aus der Corona- und Russland-Krise weitgehend entziehen. Dass die Börse derzeit fast jede Meldung abstraft, liegt mehr an der allgemein schwachen Verfassung, als an den speziellen Zahlen der VARTA AG. Nach einem schwierigen Jahresbeginn erwartet der Batteriekonzern auch im zweiten Quartal weniger Ergebnis als im Vorjahr, bleibt jedoch bei seinem Jahresausblick. Die Ziele für das Gesamtjahr hängen allerdings immer stärker von einer späten Erholung im Umsatz ab, die sich im aktuellen Umfeld erst einmal zeigen muss.

Wo Licht ist, ist auch Schatten

Der Umsatz im Segment Lithium-Ion Solutions & Microbatteries lag im ersten Quartal bei 88,4 Mio. EUR, was einem Umsatzrückgang von 27,5 Mio. EUR entspricht. Die aktuelle Situation beeinträchtigt die grundsätzlich gute Nachfrage sowohl im Bereich Micro, als auch im Bereich Solutions und CoinPower. Varta reagierte auf den sinkenden Absatz mit temporären Kapazitätsanpassungen und Kosteneinsparungen. Das bereinigte EBITDA sank von 45,9 auf 26,7 Mio. EUR im Vergleich zum Vorjahresvergleichszeitraum, wobei der Ergebnisrückgang in den Bereichen Microbatteries und Solutions stärker ausfiel als bei CoinPower.

Im Segment Household Batteries stieg der Umsatz in den ersten drei Monaten im Vergleich zum Vorjahresvergleichszeitpunkt von 82,4 auf 96,9 Mio. EUR, dies entspricht einem Delta von +17,6%. Das bereinigte EBITDA ist dabei allerdings von 13,9 auf 11,4 Mio. EUR gesunken. Der Ergebnisbeitrag aus dem zusätzlichen Geschäft konnte den Preisanstieg bei den Rohstoffen nicht vollständig kompensieren. Der Geschäftsbereich profitiert aber weiterhin von der guten Auftragslage. Auch die Nachfrage nach Energiespeicherlösungen speziell Heimspeichern ist im Geschäftsjahr erneut sehr dynamisch gewachsen. Die bereinigte EBITDA-Marge liegt bei 11.8% im Verhältnis zum Umsatz, was einem Rückgang um 5,1 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr entspricht.

Bei Bereiche laufen im Rahmen der gedrückten Erwartungen, wichtig ist der Blick auf das zweite Quartal. Hier werden die Grundsteine für das Jahr 2022 gelegt.

Hochleistungsbatterie V4Drive

VARTA investiert unverändert in den Ausbau seiner Produktionskapazitäten für Lithium-Ionen-Batterien. Derzeit liefert das Unternehmen von seiner Pilotlinie in Ellwangen mehrere zehntausend ultra-hochleistungsfähige Lithium-Ionen-Rundzellen pro Monat an Kunden für die ersten Freigabetests aus. Wie es um die E-Mobilitäts-Variante V4Drive steht, bleibt eine Unbekannte. Varta tut gut daran, wenig zu diesem Bereich zu sagen, um keine Hoffnungen zu schüren, die später wieder enttäuscht werden könnten. Wir harren der Dinge, die da kommen. Sicherlich wird VARTA hier bald Fortschritte vermelden können.

Studie prognostiziert schnelleres Wachstum der E-Mobilität in Deutschland. Quelle: Pixabay

Die Prognose von Jahresanfang steht

Trotz aller Belastungen blickt VARTA optimistisch in die Zukunft, die Pilotproduktion für großformatige Lithium-Ionen-Rundzellen läuft nach Plan. Die Verhandlungen mit neuen Kunden laufen erwartungsgemäß, was in der aktuellen Entwicklungsphase aus unserer Sicht einen normalen Ablauf darstellt. Im zweiten Halbjahr werden zudem Neuprodukteinführungen erwartet, die zu einer deutlichen Geschäftsbelebung beitragen sollen.

Das Unternehmen ist angesichts der globalen Krisen gut aufgestellt, das strukturelle Wachstum der Kernmärkte, die nach eigener Einschätzung starke Marktposition sowie die weiterhin hohen Investitionen in die Erweiterung der Produktionskapazitäten werden zu einer positiven Geschäftsentwicklung in 2022 führen. Varta ist trotz der weltweit anhaltenden Covid-19 Pandemie und aktuellen Russland-Krise unverändert sehr gut aufgestellt. Die Produktion an den eigenen Standorten läuft seit Beginn der Pandemie ohne wesentliche Unterbrechungen. Während weltweit viele Unternehmen unter problematischen Lieferketten leiden, konnten diese bei VARTA vollständig aufrechterhalten werden. Trotzdem sind negative Einflüsse auf den Konzern nicht auszuschließen. Der Krieg gegen die Ukraine sowie die Einschätzung der zukünftigen Entwicklung ist in ihren Auswirkungen auf das Unternehmen noch schwer zu bewerten. Der Umsatzanteil mit der Ukraine, Belarus und Russland beträgt aber weniger als 1% vom Konzernumsatz und findet ausschließlich über Lieferverträge statt, eigene Werke betreibt das Unternehmen in diesen Ländern nicht. VARTA unterhält auch keine Lieferantenbeziehungen auf der Beschaffungsseite. Somit wird derzeit der direkte negative Einfluss aus diesem Krisengebiet vom Management als gering eingeschätzt.

Die durch diese Krise entstehenden Kostensteigerungen bei den Rohstoff- und Energiepreisen sind dennoch nicht abschätzbar, auch nicht, ob sie anhaltend wirken. Das Unternehmen ist zuversichtlich, diese Kostensteigerungen über Preiserhöhungen an Kunden weitergeben zu können. Gegen mögliche Unterbrechungen der Lieferketten wird mit einer erhöhten Bevorratung von Rohstoffen entgegengewirkt. In Anbetracht der vielfältigen Risiken erwartet das Unternehmen für 2022 dennoch unverändert einen Konzernumsatz zwischen 950 Mio. und 1 Mrd. EUR. Das entspricht einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr von bis zu 10%. Das bereinigte operative Ergebnis (EBITDA) soll zwischen 260 und 280 Mio. EUR liegen, nach 282,9 Mio. EUR im abgelaufenen Geschäftsjahr. Die oben genannten Risiken und die Anlaufkosten für die V4Drive-Zelle beeinträchtigen die prognostizierte Ergebnisentwicklung. Für das zweite Quartal 2022 erwartet das Unternehmen Umsätze zwischen 195 und 205 Mio. EUR und ein bereinigtes EBITDA von 34 bis 38 Mio. EUR. Auf der Hauptversammlung am 21. Juni 2022 wird eine Dividende von 2,48 EUR je Aktie vorgeschlagen. Die vorliegenden Aussagen bestätigen die Prognose von Jahresbeginn.

Die Kursperformance der Varta AG war in den letzten 12 Monaten negativ. Quelle: S&P CapitalIQ Pro

Analysten votieren überwiegend positiv

Trotz verhaltenem ersten Quartal und zurückhaltendem Ausblick hält die DZ Bank an ihrem „Halten“-Votum fest. Scharf hat sie allerdings den fairen Wert für die Aktie von 95 auf 71 EUR gesenkt. Die Prognose des Batteriekonzerns scheint ambitioniert, schrieb Analyst Michael Punzet in einer am 12. Mai vorliegenden Studie. Jeweils auf 95 EUR haben die Analysten von Berenberg und Warburg ihre Kurserwartung gesenkt, sie bleiben aber positiv mit Rating „Overweight“ bzw. „Buy“. Warburg ist allerdings hinsichtlich der schwachen Entwicklung bei den wiederaufladbaren Lithium-Ionen Knopfzellen weniger optimistisch und reduziert seine Umsatzschätzungen für den Batteriekonzern. Insgesamt steht Varta wohl noch in der hohen Gunst der Analysten. Nur Hauck & Aufhäuser sowie Keppler Chevreux sind negativ gestimmt.

Zwischenfazit

Die einst gehypten Papiere von Varta sind kurz nach Zahlenbekanntgabe auf ein neues Jahrestief von 68,34 EUR abgerutscht. Mit -12% war das für die erste Reaktion auf das Zahlenwerk u.E. ein gehörig negativer Schluck aus der Pulle. Zum Wochenschluss hin konnte die Varta AG mit Rückenwind von einer sich erholenden NASDAQ wieder ein paar Prozentpunkte gutmachen und landete bei rund 77 EUR. Die Analysten bleiben jedoch skeptisch.

Noch ist nicht ganz klar, wie die Ellwanger ihre Jahresziele erreichen wollen. Zur zweiten Jahreshälfte könnten Umsätze aus neuen Produkten enthalten sein, die wir aber heute in ihrer Zusammensetzung noch nicht ausmachen können. Die solide Aufstellung des Unternehmens hat einen stärkeren operativen Einschnitt aufgrund der Russland-Ukraine-Krise bislang verhindert. Das Geschäft läuft rund, aber nicht überbordend.

Dafür ist die Bewertung mit KUV 3,2 immer noch üppig. Ob das vorgelegte Quartalsergebnis die Stimmung in der Aktie gänzlich drehen kann, bleibt fraglich. Charttechnisch wurde die Zone von 80 bis 85 EUR deutlich unterschritten, ein Wiedereinstieg macht daher u. E. nur Sinn, wenn ein nachhaltiger Rebound über 85 EUR gelingt.


Das Update erfolgt auf unseren initialen Report 11/21


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