Chinas Wachstumsmotor stottert
Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt steckt in der Krise, die in den vergangenen Jahrzehnten gewohnt hohen Wachstumsraten fielen im laufenden Jahr in sich zusammen. Laut dem Internationalen Währungsfonds dürfte die chinesische Wirtschaft im Jahr 2022 lediglich um 3,2% zulegen, was das schwächste Wachstum seit rund 50 Jahren bedeuten würde.
Neben der globalen Konjunkturabkühlung, einer schweren Immobilienkrise sowie einer Jugendarbeitslosigkeit von annährend 20% kamen zwei weitere hausgemachte Störfaktoren hinzu. Zum einen bremst die durch die Regierung verhängte Null-Covid-Strategie, zum anderen sorgte die Regulierung der einst boomenden großen Technologiekonzerne für einen Ausverkauf bei chinesischen Werten. Mit der Wiederwahl von Xi Jinping als unumstrittenes Staatsoberhaupt, fand im Tech-Sektor ein weiterer Ausverkauf statt. Der Hang Seng-Index, der die größten Werte dieses Bereichs enthält, verlor seit Jahresanfang über 40% an Wert und stürzte in der Folge auf ein 13-Jahres-Tief.

Boom in der Elektromobilität
Im Gegensatz zur allgemeinen Wirtschaft boomt der Markt der Elektroautomobile im Reich der Mitte. Nach Berechnungen der Analysten von Global Data wird China als größter Automarkt der Welt bis zum Jahr 2030 rund 60% der weltweiten Elektrofahrzeuge ausmachen. Hier ist das „Build your dream“-Unternehmen per Ende September mit einem NEV-Anteil von 28,9% oder 201.259 ausgelieferten NEV-Fahrzeugen unangefochtener Marktführer, mit weitem Abstand gefolgt von Tesla mit 7,9%. Um die Marktstellung auszubauen, legte das bereits 1995 gegründete Unternehmen seit März 2022 seinen ganzen Fokus auf die Produktion von reinen Elektro- und Plug-in-Hybridfahrzeugen und stellte die Produktion von Verbrenner-Modellen ein.
Zahlen überzeugen
Die Rekordabsatzzahlen, erstmals wurden im September über 200.000 Plug-in Hybrid- und reine Elektrofahrzeuge verkauft, spiegeln sich in den starken Ergebnissen zum dritten Quartal wider. Dabei konnte der Nettogewinn um 350% auf 786 Mio. USD gesteigert werden. Der Umsatz wuchs gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 115,6% auf 16,1 Mrd. USD. Dies kommt einer Steigerung von 39,8% gegenüber dem Vorquartal gleich. Der operative Cash-Flow erhöhte sich in den Monaten Januar bis September um rund 186%. Dabei sind eine breitere Produktpalette sowie robuste Verkäufe im NEV-Markt die Triebfedern für die Outperformance. BYDs kombinierte Verkäufe von reinen Elektro- und Plug-in-Hybridfahrzeugen stiegen in den ersten neun Monaten dieses Jahres gegenüber dem Vorjahr um 250% auf 1,2 Mio. Units. Für das Gesamtjahr liegt die Messlatte weiterhin bei 1,5 Mio. verkauften Einheiten. Obwohl die BYD-Führungsriege mit einem andauernden Wachstum rechnet, wurde bisher noch keine Prognose für das laufende Geschäftsjahr publiziert.

Doppelter Boden oder weiterer Abverkauf?
Trotz der hervorragenden Quartalszahlen wurde die BYD-Aktie von den Investoren weiter abgestraft. Durch ein Minus in Höhe von 6,14% egalisierte der Titel mit einem Kurs von 21,42 USD an der NASDAQ sein Jahrestief vom März des laufenden Börsenjahres, schloss dann gegen Ende der Handelssitzung etwas erholt auf dem Niveau von 21,91 USD. Ein Rutsch unter die markante Unterstützung dürfte noch einmal für das Auslösen weiterer Stopp-Orders sorgen und hätte ein theoretisches Potenzial bis in den Bereich von 17,41 USD. Die Divergenzen im MACD sind negativ zu werten, so dass die Wahrscheinlichkeit besteht, das Corona-Tief von März 2020 noch einmal zu testen. Dagegen liegt der Relative-Stärke-Index im überverkauften Bereich, so dass zumindest eine kurzfristige Gegenbewertung möglich wäre. Nachhaltig aufhellen dürfte sich das Chartbild erst mit dem Überspringen der Widerstandsmarke von 27,15 USD.
Zwischenfazit
Trotz der Veröffentlichung herausragender Quartalszahlen wurde die Aktie von BYD weiter abverkauft und droht in Richtung des Tiefs des Jahres 2020 abzurutschen. Durch die Wachstumsaussichten mit der Expansion nach Europa und der führenden Marktstellung dürfte sich ein langfristiger Einstieg beim chinesischen Primus für NEV-Fahrzeuge auf aktuellem Niveau langfristig als gewinnbringend erweisen. Neben der Produktion von elektrifizierten Fahrzeugen ist das weiterhin von Warren Buffett unterstützte Unternehmen einer der weltgrößten Batteriehersteller und besitzt mit der Blade-Technologie, die laut Experten als Sicherste der Welt gilt, ein zusätzliches Asset. Durch den Aufbau einer lückenlosen Wertschöpfungskette dürfte BYD zukünftig ebenso weniger von geschwächten Lieferketten abhängig sein als die breite Konkurrenz.
Das Update erfolgt auf unseren initialen Report 07/2022