Auf einen Blick
Defence Therapeutics ist ein kanadisches Biotech-Unternehmen, das sich auf die Entwicklung von Impfstoffen sowie den verbesserten Transport von Wirkstoffen in krankhafte Zellen spezialisiert hat. Das Unternehmen setzt auf eine Plattform-Technologie, die als Grundlage für verschiedene Lösungen dienen soll. Aktuell arbeitet man an Impfstoffen gegen Haut- und Brustkrebs und will innerhalb der nächsten sechs Monaten entsprechende Phase-1-Studien beginnen.
Mit der patentierten Accum™-Technologie bietet Defence Therapeutics eine Plattform für sogenannte Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC). Dabei wird ein bestimmter Wirkstoff mittels eines Peptidlinkers mit einem Antikörper verbunden und gelangt so genau dorthin, wo er wirken soll. Etwa in eine Tumorzelle. Defence Therapeutics liegen Daten vor, wonach Accum™ die Wirksamkeit bestimmter Therapieformen in Kombination mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren deutlich erhöhen kann. Immun-Checkpoint-Inhibitoren werden in der Onkologie gezielt eingesetzt, um entzündungshemmende Immuncheckpoints zu blockieren und so Vorteile im Rahmen der Therapie zu erzielen. 1
Ein dynamischer Markt
Defence Therapeutics hat sich einerseits auf den effektiven Transport von Wirkstoffen in kranke Zellen mittels Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten (ADC) spezialisiert und dazu vor Jahren die Accum™-Plattform erworben. Weiterhin ist Defence Therapeutics im Bereich der Immun-Onkologie tätig und hat sich die Entwicklung von Impfstoffen gegen Krebs zum Ziel gesetzt. Innerhalb der kommenden sechs Monate will Defence Therapeutics Phase-1-Studien seiner Impfstoff-Kandidaten gegen Haut- und Brustkrebs durchführen. Während Phase-1-Studien geht es in erster Linie darum, die Sicherheit eines Päparats oder Vakzins zu dokumentieren. Hinweise auf mögliche Dosen und deren Effektivität geben die Phasen 2 und 3.
Weltweiter Markt für Immun-Onkologie
Marktvolumen Immun-Onkologie weltweit bis 2027
Im Bereich der Immun-Onkologie geht es darum, die Kraft des Immunsystems für den Kampf gegen den Krebs zu sensibilisieren. Vor allem in den vergangenen Jahren machte die Forschung rund um dieses Feld große Fortschritte. Der Ansatz an sich ist allerdings alles andere als neu: Schon im Jahr 1867 legte der Bonner Chirurg Wilhelm Busch eine krebskranke Frau in das leere Bett einer Patientin mit Wundrose. Infolge dessen schrumpfte der Tumor deutlich. Doch erst heute ist das Zusammenspiel zwischen Krebszellen und unserem Immunsystem ausreichend erforscht, um sich die Effekte zunutze machen zu können. Unser Immunsystem funktioniert auf zwei Arten: Unspezifisch gegen sämtliche Krankheitserreger oder spezifisch mit Hilfe einer angelernten Immunantwort. Im letzteren Bereich setzt die Immun-Onkologie an und hilft dabei, das Immunsystem zu aktivieren bzw. es bestimmte Krebszellen und deren Antigene erkennen zu lassen.3 Die Marktforscher von Research and Markets schätzen das Marktpotenzial im Bereich der Immun-Onkologie bis 2027 auf ein Gesamtvolumen von 48,9 Mrd. USD. 2020 war der Markt lediglich 17,3 Mrd. USD groß. Die jährliche Wachstumsrate bis 2027 entspricht also 16%. 4
Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC) auf dem Weltmarkt
Die Marktforscher von Emergen Research gehen davon aus, dass der Markt für Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC) bis 2028 ein Gesamtvolumen von 20,01 Mrd. USD erreicht. Das jährliche Wachstum sehen die Marktkenner bei 25,8%. Als Wachstumstreiber haben die Analysten die intensive Forschung, die wachsende Bedeutung von Antikörper-Therapien sowie den zunehmenden Einsatz komplexer Wirkstoffe identifiziert.
Jährliches Wachstum ADC bis 2028
All das wird nötig, weil die Bevölkerung in Industriestaaten immer älter wird und damit der Bedarf an Therapien steigt.5
Auch viele große Pharmakonzerne, wie etwa Merck, haben in ADC einen vielversprechenden Markt entdeckt. Im September 2020 investierte der Konzern in Herstellungskapazitäten am unternehmenseigenen Standort in Madison, USA, um ADC im großen Stil herstellen zu können. „ADC haben in den vergangenen zehn Jahren starkes Wachstum verzeichnet und jüngste behördliche Zulassungen belegen ihr Potenzial als zielgerichtete Therapien", kommentierte damals ein Vertreter aus dem Unternehmensbereich Life Science von Merck.6
Besonderheiten von Defence Therapeutics
Alleinstellungsmerkmale
Wie Defence Therapeutics mit Blick auf seine Accum™-Plattform selbst betont, bietet diese einige Vorteile. Die Technologie sei neben ihrem Einsatz in ADC auch im Zusammenhang mit Impfstoffen gegen Krebs sowie andere Impfstoffe einsetzbar. Defence Therapeutics betont in diesem Zusammenhang neben einer höheren Effektivität (Faktor 10 im Vergleich zu anderen ADC) auch, dass es bei der Anwendung von Accum™ zu keinem Protein- oder Antigenabbau oder sonstigen Interferenzen kommt. Im klinischen Einsatz von onkologischen Medikamenten kommt es häufig vor, dass Krebszellen gegenüber Therapeutika resistent sind. Der Einsatz von Accum™ beuge diesen Resistenzen vor, so das Unternehmen. Auch sorge die dank Accum™ spezifische Wirkungsweise dafür, dass weniger gesunde Zellen einer unspezifischen Toxizität ausgesetzt sind.
Auch im Bereich der Impfstoffentwicklung kommt die Accum™-Technologie zum Einsatz. Dabei sorgt sie dafür, dass die Immunreaktion bis zu 100 Mal stärker ausfällt, als beim eigentlichen Antigen. Dies soll für eine erhöhte Wirksamkeit und geringere Kosten bei der Impfstoffherstellung sorgen. Der Plattform-Ansatz bei der Entwicklung von Impfstoffen soll begünstigen, dass Impfstoffe theoretisch gegen alle Viren und Infektionskrankheiten entwickelt werden können. Auch soll der Plattform-Ansatz eine verbesserte Möglichkeit zur Anpassung bestehender Impfstoffe an neue Herausforderungen ermöglichen. 7
Ziele - CEO sieht sich als Intermediär
Innerhalb der nächsten sechs Monate will Defence Therapeutics Phase-I-Studien für die beiden Impfstoffe gegen Haut- und Brustkrebs beginnen. Dabei geht es in erster Linie um die Sicherheit der Vakzine. Auch beim effizienten Transport von Wirkstoffen will das Unternehmen Fortschritte machen und betont, dass die Technologie grundsätzlich dazu geeignet ist, kleine Moleküle, Antikörper, Impfstoffe und onkolytische Viren zu transportieren. Letztere sind dazu geeignet, Tumorzellen zu infizieren, eine Immunantwort zu erzeugen oder bestimmte Wirkstoffe in Tumore zu bringen. Die Möglichkeiten rund um Accum™ sind nach Angaben von Defence Therapeutics vielfältig. Um das Potenzial der Technologie noch effektiver zu heben, kann sich das Unternehmen auch vorstellen, Accum™ Dritten zur Verfügung zu stellen. „Insbesondere rund um die CRISPR-Technologie könnte der Einsatz von Accum™ sinnvoll sein", erklärt Sébastien Plouffe, CEO von Defence Therapeutics. „Künftige Umsatzquellen für unser Unternehmen könnten entweder direkte Lizenzgebühren, aber auch Zahlungen, die an bestimmte Meilensteine gekoppelt sind oder Umsatzbeteiligungen sein. Die Potenziale in diesem Bereich sind sehr groß. Stand heute ist zwischen wenigen Mio. CAD bis hin zu einer Mrd. alles denkbar", so Plouffe. Erst kürzlich gab Defence Therapeutics bekannt, dass Accum™ den Transport von CRISPR/CAS9-Proteinen in Zielzellen klar verbessert und nennt den Faktor 9.
Steigerung der Effektivität beim Transport von CRISPR-Proteinen dank Accum
Defence Therapeutics in der Analyse
CEO Sébastien Plouffe sieht sich zwar auch als Intermediär in der Branche, hat aber offenbar auch den Wettbewerb gut im Blick. „Eine Vielzahl von Pharmaunternehmen arbeitet aktiv an der Entwicklung von Strategien zur Verbesserung der Freisetzung ihrer eigenen Präparate. Obwohl sich ihre Kernstrategien von den unseren unterscheiden, etwa weil sie Nanopartikel, mRNA-Formulierungen oder andere alternative Verabreichungswege nutzen, sieht Defence Therapeutics aktuell neben großen Pharmakonzernen in erster Linie drei Wettbewerber: Sapreme Technologies, Feldan Therapeutics und PCI Biotech", so CEO Plouffe gegenüber researchnanalyst.com.
Die Peer Group im Portrait
Sapreme Technologies (Utrecht, Niederlande): ein kleines Biotech-Unternehmen in der präklinischen Phase (das gerade eine Serie A abgeschlossen hat), das an einer endo-lysosomalen Escape-Strategie arbeitet, um Oligonukleotide in Leberzellen einzubringen, wobei es sein eigenes Molekül SPT001 verwendet.
Feldan Bio (Quebec, Kanada): konzentriert sich auf den Einsatz seiner Feldan Shuttle-Technologie, einer intrazellulären Verabreichungsmethode, für die Verabreichung von Medikamenten in Zielzellen. Die Technologie beruht auf der Verwendung von zelldurchdringenden Peptiden, die an endosomale Leckage-Domänen fusioniert sind, um die Freisetzung der "Fracht" im Zytoplasma der Zielzellen auszulösen.
PCI Biotech (Oslo, Norwegen): ein biopharmazeutisches Unternehmen, das sich auf die Entwicklung therapeutischer Lösungen konzentriert, um die Behandlung von Krebspatienten durch seine Technologieplattform der photochemischen Internalisierung (PCI) zur Auslösung der endosomalen Freisetzung von eingefangener Substanz zu verbessern.
Alle drei Unternehmen sind aktuell nicht börsennotiert. Mangels der für die Börse typischen Transparenzpflichten, liegen zu Sapreme Technologies, Feldan Bio und PCI Biotech somit auch kaum Finanzkennzahlen vor. Alle drei Unternehmen und Defence Therapeutics eint allerdings der Status als Wachstumsunternehmen. Damit gehen Verluste und regelmäßige Finanzierungsrunden einher. Während die drei oben skizzierten Titel nicht investierbar sind und die Unternehmen Informationen nur spärlich veröffentlichen, berichtet Defence Therapeutics regelmäßig von Entwicklungen und veröffentlicht Zahlen. 8
Kennziffern CAD, jeweils zum 30. Juni | 2020 | 2021 | 2022e |
---|---|---|---|
Cash | $1.865.927 | $5.452.906 | - |
ausstehende Aktien | 18.465.714 | 35.220.774 | - |
Marktkapitalisierung | $2.769.857 | $248.306.457 | - |
Einnahmen aus Kapitalerhöhungen | $2.277.000 | $6.440.265 | - |
Ausgaben für Forschung und Entwicklung | $433.451 | $1.158.504 | $2.250.000 |
Erste Analysten sind dran
Doch wie sind diese Zahlen zu bewerten? Gerade bei Wachstumsunternehmen können Bilanzverluste ganz unterschiedlich interpretiert werden – je nachdem, ob die jeweiligen Investitionen als sinnvoll eingeschätzt werden oder nicht. Da Defence Therapeutics bereits seit 2017 am Markt ist und in verschiedenen Finanzierungsrunden das Vertrauen der Investoren erhalten hat, könnte das in gleich zwei Wachstumsfeldern aktive Unternehmen eine vielversprechende Perspektive bieten. Analyst Julien Desrosiers vom Analysehaus GBC AG führte zuletzt ein Hintergrundgespräch mit CEO Plouffe und kündigte an, an einer Research-Studie zu arbeiten. Gegenüber researchanalyst.com stellte der Analyst eine Veröffentlichung der Analyse für Januar in Aussicht. Dann dürfte die Wachstumsperspektive von Defence Therapeutics noch stärker mit Zahlen untermauert sein. Worauf es dem Analysten ankommt, deuten bereits die Fragen im jüngst veröffentlichten Interview an.
Dabei zielt Desrosiers auf den Plattform-Ansatz rund um Accum™ ab und arbeitet im Interview die möglichen Vorteile der Technologie im Bereich von Zulassungsverfahren heraus. Hier würden Zulassungsbehörden bei klassischen ADC aufgrund ihrer hohen Toxizität oftmals den Daumen senken. Accum™ könnte in diesem Zusammenhang Vorteile mit sich bringen. Dazu kommentierte Plouffe gegenüber den Analysten: „Wir haben Beweise (z.B. mit Trastuzumab), dass AccumTM die Toxizität des ADC nicht erhöht. Ganz im Gegenteil. Durch die Verbesserung der Wirksamkeit kann die Wirksamkeit der ADC durch eine niedrigere Dosierung oder eine Verkürzung des Therapieschemas erhöht werden, da weniger ADC benötigt wird, um gute Ergebnisse zu erzielen. Dadurch würde sich die Toxizität des Produkts weiter verbessern."
Schon die vom Unternehmen für die kommenden Monate angekündigten Phase-1-Studien rund um Impfstoffe könnten Aufschluss geben, inwiefern Accum™ das Problem der Toxizität von ADC adressiert. 9
SWOT – ein Kurzüberblick
Stärken
- Vielversprechende Accum™-Technologie
- Phase-1-Studien zu Impfstoffen gegen Krebs innerhalb von sechs Monaten geplant
- In früher Unternehmensphase bereits börsennotiert
- Plattform-Ansatz
Schwächen
- Entscheidende Studien stehen noch aus
- Trackrecord noch kurz
Chancen
- Positives Umfeld für innovative Biotech-Technologie
- Impfstoffe gegen Krebs als potenzielle Blockbuster
- Mögliches Lizenzgeschäft bei Accum™
Risiken
- Konkurrenz auch von Konzernen, wie etwa Merck
- Technologie könnte sich nicht durchsetzen
Fazit und Ausblick
Defence Therapeutics verfügt über vielversprechende Projekte und fängt dank des Plattform-Ansatzes bei der Entwicklung von neuen Impfstoffen nicht immer wieder bei Null an. Für das Unternehmen bietet diese Ausgangsposition Zeitvorteile bei der Entwicklung neuer Vakzine. Mit dem Kampf gegen den Krebs hat sich Defence Therapeutics einer der drängendsten Fragen der Menschheit verschrieben. Gelingt, was Versuche mit Mäusen bereits andeuten, hätte Defence Therapeutics über Nacht einen Blockbuster-Impfstoff im Portfolio – Parallelen zu BioNTech ließen sich dann kaum noch von der Hand weisen. Auch bietet die vielseitige Accum™-Technologie die Perspektive auf ein Lizenzgeschäft, das dank Umsatz- oder Erfolgsbeteiligungen überaus einträglich werden könnte – und zwar ohne weitere Kapazitäten bei Defence Therapeutics zu binden.
Die Perspektive des Unternehmens ist in erster Linie vom Wachstumspotenzial abhängig. Dank des Plattform-Ansatzes und des möglichen Lizenzgeschäfts ist dieses Potenzial sehr groß – vorausgesetzt, die Produkte von Defence Therapeutics setzen sich durch. Die für die kommenden Monate angedachten Phase-1-Studien rund um die beiden Impfstoffkandidaten gegen Krebs werden sich ausschließlich um Sicherheitsaspekte drehen. Die Sicherheit ist eines der größten Risiken im Zulassungsprozess von Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC). Bereits der Ausgang der Phase-1-Studien dürfte für Defence Therapeutics daher richtungsweisend sein.